von Markus Golletz
O-Töne der Betroffenen in den Seealpen
Wortschnipsel: Molini, Dolceaqua, La Brigue, Breil-sur-Roya
Stimmen zum Unwetter
Manfred Haller, Tischler aus Molini di Triora:
»Unser ganzer Gewerbehof wurde überflutet. Das war in der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober 2020. Heute, 8 Monate später, sind die Schäden nur teilweise behoben: Die Kanalisation funktioniert noch nicht richtig, der Ort hat noch keine stetige Trinkwasserversorgung und die Straße zum Meer ist seit kurzem nur notdürftig repariert.«
»Meine Tischlerwerkstatt war 40 cm mit Schlamm vollgelaufen, wir haben mit den Nachbarn 3 Monate daran gearbeitet. Vom Staat gab es (bisher) keine Hilfe.«
»Als ich in der betreffenden Nacht noch einmal hinfuhr, konnte ich die Tür meines Renaults nicht mehr öffnen, das Wasser stand schon zu hoch. Auf der Rampe ging es gerade noch so. Ich hatte eine Ahnung, wie es bei meinen Nachbarn aussehen würde, wenn meine Maschinen schon bis zum Sockel unter Wasser und Schlamm standen.«
»Nachts brach dann die Spundwand des Flusses. Es kam alles noch schlimmer für die Gewerbetreibenden hier auf dem ehem. Kasernenhof. 2003 gab es ein ähnliches Unwetter, Gelder wurden für die Verstärkung der Spundwand bewilligt und abgerufen. Passiert ist nichts und durchgebrochen ist der Fluss genau an dieser Stelle.«
nehmen hat 10.000 Euro kassiert für die Reinging eines Gebäudes die nie durchgeführt wurde. Putzfrauen waren da und haben in einem Gebäude einen Schlag bekommen, weil niemand den Strom ausgestellt hatte.«
»Als dann ein Caterpillar-Fahrer bei Aufräumungsarbeiten aus dem Dorf tödlich abstürzte, habe ich mich hier hingesetzt und erst mal eine Stunde geweint.«
Alimentari il Mulino von Luisella
Luisella Allari, Molini di Triora, Lebensmittelladen:
»Wir hatten viel zu tun, wir hatten den Corona-Winter über die Dörfer im Hinterland versorgt und Lebensmittel ausgefahren. In Realdo, Verdeggia, Cetta, gibt es alte Leute, die nicht mehr alleine Einkaufen gehen können.«
Marisa (Bar Marisa, Fanghetto):
»Cédric Herrou ist manchmal hier. Er hat viele Flüchtlinge hierhergeholt und sie fit gemacht für die Behörden. Die haben alle beim Aufräumen hier im Tal geholfen.«
Jean-Louis (La Brigue, Camping Pra Reound):
»4,5 Stunden habe ich mit dem LKW bis zur Baisse de Sanson (Italien) gebraucht, unser Seitental war nicht so stark betroffen von dem Unwetter, aber die Transportwege verliefen erst mal über die Grüne Grenze.«
»Die Bauarbeiter und Ingenieure oben am Tunnel haben einen Fehler gemacht. An einer Behelfsbrücke am Tunnel entstand ein kleiner Stausee. Als dann immer mehr Wasser kam, blieben dort viele Bäume hängen und stauten das Wasser soweit auf, bis der Damm plötzlich brach und eine Flutwelle ins Tal schickte.«
»In La Brigue waren wir nicht direkt betroffen, die meisten Wassermassen bahnten sich oben bei Tende und Vievola den Lauf. Trotzdem gab es über den Colle de Sanson eine Menge Verkehr.«
Karin Rauer / Molini di Triora:
»Es war entsetzlich laut da draußen, als die Felsen den Bach herunterrollten. Ich wurde in der Nacht plötzlich von allem abgeschnitten. Keine Straßenverbindung, kein Wasser, kein Telefon und der Strom war auch weg. Die Trioresen kamen und haben nach mir geschaut am nächsten Tag.«
»In meinem Garten ist eine Schlamm-Lawine heruntergekommen, durch die Mühle, in der ich wohne lief ein Bach aber das Haus hielt stand. Aber im Garten, die kleine Werkstatt, ein Klo, die Bauten, vieles ist dahin. Den Nachbarn auf der anderen Seite des Flussufers hat es schlimmer getroffen. Von seinem Grundstück ist ein halbes Handballfeld abgesackt und im Flussbett versunken. Das Flussbett ist ungefähr 10x so breit wie vorher, alles Grüne, die Badestelle – einfach weggespült. Es haben sich tonnenschwere Steine im Fluss bewegt.«
»2 Jahre vorher haben sie hier für regenerative Energie den Mühlgraben kanalisiert und ein Wasserstauwerk gebaut. Alles kaputt, nicht mehr zu benutzen. Ich kann von Glück sagen, dass ich manchmal Wasser habe.«