von Markus Golletz
Cédric Herrou
Menschenwürde: Ändere DEINE Welt
Cédric erinnert an José Bové, den Revoluzzer und Bauner-Anführer ('Die Welt ist keine Ware'), der zu Beginn der 1990er Jahren in Frankreich Furore machte und später Präsidentschaftsanwärter wurde.
Neu: Interview mit Cèdric Herrou auf Deutschlandfunk (Birke, Burkhard | 12. März 2022)
Dennoch ist Cédric's Metier ein anderes. Cédric ist seit 2015 im italienisch-französischen Grenzgebiet nicht nur als Landwirt, sondern wegen seines Engagement für Migranten in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. 1979 in Nizza geborene Franzose begann Mitte der 10er Jahre gestrandete Flüchtlinge mit auf seinen Bio-Hof zu nehmen und sie für bevorstehende Strapazen in der Bürokratie der 'Grand Nation' aufzubauen. Das sprach sich schnell herum, andere unterstützen ihn, wie möglicherweise Delia Buonomo, die in Ventimiglia in ihrer Bar ‚Hobbit‘ Flüchtlingen Unterkunft, Essen und Hilfe gewährte. Die Bar hatte im Oktober 2021 geschlossen.
»Per onorare il dono dell'esistenza che fa il movimento la sua condizione naturale« ist bei Delia in Ventimiglia zu lesen: Das Geschenk der Existenz zu ehren ist ihre natürliche Bedingung der Bewegung.
Die Staatsanwaltschaft führte daraufhin Prozesse gegen ihn, die Cédric letztlich auch bekannt machen. Im Laufe der Jahren soll er an die 2000 Migrant:innen geholfen haben — kostenlos und unverbindlich — daher liefen alle Anklagen letztinstanzlich ins Leere. 'Schlepperei' oder 'Beihilfe zur illegalen Einwanderung' konnten ihm nicht nachgewiesen werden, er wurde letztlich freigesprochen. Das alles passierte, eingebettet in eine (homogene europäische) Flüchtlingspolitik, die selbst die staatliche Seenotrettungsinitiativen (wie Mare Nostrum 2014) aus Angst vor 'Flüchtlingsströmen' gänzlich eingestellt hat und diese Aufgabe nun NGO's überlässt. Aus politischen Motiven wird diese Arbeit für Menschenwürde und Seenotrettung oft von staatlicher Seite behindert. Illegale Pushbacks von Flüchtlingen an der italienisch-französischen Grenze hat es immer wieder gegeben und ein Ende der verfehlten Flüchtlingspolitik ist noch nicht in Sicht.
»Gegen den Zynismus des täglich gesetzwidrigen Staates«
Herrou ist nicht nur wegen seiner Anklagen im gebeutelten Roya-Tal bekannt geworden, auch wegen seines Engagements für Umwelt und Natur. Bei Ausräumungsarbeiten nach der Starkregen-Katastrophe halfen viele Flüchtlinge mit und so wurde sein bescheidener Bio-Bauernhof zur Institution im Tal.
Ich habe kurz mit ihm im Oktober '21 gesprochen und über Emmaüs Roya ein Interview mit ihm angefragt, das aber leider (noch) nicht Zustandekommen konnte, weil er sehr mit seiner Buchprestentation beschäftigt war.
Nichtstaatliche Aufwärmstation für Migranten an der Straße zwischen Menton und Grimaldi.
Über das Buch von Cédric Herrou (Change ton monde), werden wir auch noch zu sprechen kommen. Alternativ verweise ich auf ein Interview auf der französischen Webseite BRUT. Interviewtermine sind rar, seit dem Cédric Emmaüs Roya gegründet hat und damit sein Projekt auf weniger angreifbare Beine gestellt hat. Ob Flüchtlinge oder andere Clandestine, die nun im Camp Saorgin an der Roya leben, alle sind damit legalisiert und bekommen für ihre Arbeit zumindest eine Art Aufwandsentschädigung.
Ab dem 13.11. war Cédric unterwegs, sein Buch auf Veranstaltungen in Frankreich vorzustellen, nun ist es auch beim Rotpunktverlag Zürich erschienen:
- Rezension zum Buch auf SFR.ch
- Ändere Deine Welt, Neuerscheinung beim Rotpunktverlag
Weitere Infos:
- "Herrou ist darauf bedacht, kein Gesetz zu brechen" | Zeit.de (2016)
- Videodoku aus dem Camp Saorgin von Oktober 2022 (Brut.media.fr)
- Videodokumente Cedric Herrou
- Facebook Cédric Herrou
- Wikipedia Cédric Herrou