Interview: Bikepacking ist Biken und Pfadfindertum

Rad und Raus: Bikepacking & Microadventures

Bikepacking ist für mich Freiheit – Radfahren und Pfadfindertum zugleich“, sagt Gunnar Fehlau. Der Journalist, Buchautor und „Velopreneur“ gilt als einer der Pioniere der deutschen Bikepacking-Szene. Sein Buch Rad und Raus ist inzwischen in der dritten, überarbeiteten Auflage erschienen. Darin verbindet er Praxiswissen mit einer Philosophie des Unterwegsseins: leicht, flexibel, erfinderisch.

Wie Bikepacking die nomadische Flexibilität bewahrt

Als Fehlau 2017 die erste Auflage von Rad und Raus schrieb, war Backpacking in Deutschland noch ein Nischenthema. „Damals sprach in den USA jeder von Bikepacking, wenn es ums Radreisen ging. In Deutschland hatten wir unsere eigene Radtourismus-Kultur – mit schwerem Sixpack aus Hecktaschen, Lowrider-Taschen, Lenkertasche und Gepäckrolle“, erinnert er sich.

Ortlieb brachte zwar schon 2015 die ersten Taschen auf den Markt, doch Fehlau war schneller. Bereits 2011 hatte er sich seine erste Lenkerrolle aus einem Ortlieb Packsack und Außentaschen selbst gebaut – für Mikroabenteuer, weil das, was es im Handel gab, zu sperrig war. „Bei den klassischen Tourenrädern bestimmte das Gepäck, was man machen konnte. Bikepacking war eine Befreiung: weg vom Ballast, hin zur Leichtigkeit.“

Reduktion statt Ausrüstungsfetisch

Im Buch finden sich ausführliche Kapitel über Feuer, Kochen, Kleidung und Ausrüstung – aber genauso über die Frage, wie viel man überhaupt braucht. „Bikepacking darf nie von der perfekten Ausrüstung abhängen“, betont Fehlau. „Es geht ums Losfahren. Rad und raus eben!“

Die Philosophie dahinter sei simpel: Reduktion. „Man entwickelt auf Tour ein gutes Gefühl, was man wirklich braucht. Eigentlich sollte man das elastisch sehen – wie im restlichen Leben auch. Es geht nicht darum, Ausrüstungsfetischist zu werden, sondern ums Erleben. Mikroabenteuer müssen nicht teuer sein.“

Vom Bikepacking zum Workpacking

Fehlau, Gründer und Geschäftsführer des Pressedienst Fahrrad (PDF), ging noch einen Schritt weiter. 2023 startete er als „Velopreneur“ eine Workpacking-Tour: ein Jahr lang arbeiten und leben vom Rad aus. „Ich war mit über 40 Kilo Gepäck unterwegs“, erzählt er. „Hinterher wusste ich genau, was ich brauche – und was nicht. Wieder zu Hause habe ich einen radikalen Hausputz gemacht, nach dem 80/20-Prinzip. Seitdem reicht mir ein Laptop und ein Headset. Drei Monitore brauche ich nicht mehr.“

Nerdig, aber echt

Bikepacking heißt für Gunnar nicht nur Verzicht, sondern auch Genuss. „Natürlich gibt es Entbehrungen – etwa, wenn nach einem schweißtreibenden Anstieg die Dusche fehlt. Aber dafür sitzt man mit einem guten Kaffee an einem großartigen Platz und genießt den Moment.“ Das sei manchmal nerdig, aber immer echt.

Bikepacking schließt Tourenfahren ein!

Für Gunnar Fehlau ist Bikepacking kein Dogma. „Ob Graveln, Weekender oder klassische Tour – entscheidend ist nicht die Ausrüstung, sondern die Haltung. Das Rad ist ein Werkzeug, um Horizonte zu öffnen.“

Mit Rad und Raus will er eine Lanze brechen für das Aufbrechen, für Reduktion und fürs Machen. „Am Ende geht es darum, herauszugehen. Nicht mehr und nicht weniger.“

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