von Markus Golletz
Alle Werke besucht! Benelli, Bimota, NCR Factory
Zusammenfassung Ducati, Benelli und Aprilia
Leider etwas in Unordnung (die Bilder) und die letzten Tage nur leidlich aktuell: Kein Internetcafé weit und breit, dafür nun ein paar Ostergrüße aus Slowenien und die Meldung: Wir haben es geschafft, wir haben alle italienischen Motorradwerke erfolgreich besucht!
Zusammenfassung:
Was für ein Tag, heute haben wir mit Franco Lambertini und mit Michele Poggipolini, dem Macher von NCR gesprochen.
Moto Morini
Lambertini, ein 70 Jahre alter Mann hat den 3 1/2-Morini Motor und den neuen 1200 V-Motor entworfen, das alles bei einer gleichbleibenden Philosophie, wie er uns versichert.
Seine Kinder werden seinen Posten im traditionsreichen Unternehmen wohl nicht übernehmen können, sie interessieren sich mehr für klassische Musik als für Motorenkonstruktion. Etwas Wehmut liegt in seiner Stimme.
Meeting mit good old Franco Lambertini!
Lambertini beklagt sich über die Marktsituation: Ein Motorrad im mittleren Hubraumbereich ist von kleinen Herstellern kaum noch zu realisieren, weil die eigenen Kosten für Produktion und Entwicklung schon bei 6000 EUR liegen (Ähnliches werden wir später auch bei Bimota hören). Da bleibe nur noch eine Lücke im höher-preisigen Segment.
Seine Konstruktionsideen zeichnet er für uns auf ein blankes Blatt Papier: Wie der Nockenwellenantrieb konstruiert ist, wie sorgfältig das stark belastete Getriebe bei einem 140 PS-Motor durch konstruktive Details entlastet wird ...
NCR Factory
Dieses Motorrad wiegt 77 kg!
Michele Poggipolini empfängt uns in San Lazzaro di Savena bei Bologna. Race-Experten wissen, dass NCR ursprünglich nahe Ducati in Borgo Panigale residierte, doch Michele erzählt uns, dass die Firma näher an die Fertigungsanlagen von Poggipolini heranrücken wollte. NCR baut heute Renn-Replicas, wie man sie damals nicht bauen konnte: mit Titan Rahmen und Kohlefaserteilen. Alles so, wie die Kunden es haben wollen. Ich probiere eine Supermoto, die NCR vor 12 Jahren (!) als Prototyp gebaut hat. Sie hat einen Husqvarna Werksmotor und besticht durch viel handgeschweißte Performance Parts, Kohlefaserteile und dem spielzeugartigen Gewicht von 77 kg!
Dass NCR als Edelschmiede nur die Spitze des Eisbergs ist, macht unsre Visite bei er benachbarten und dazugehörigen Firma Poggipolini (von Poggipolini Senior) deutlich. Schon in der Eingangshalle wird uns schnell klar, dass Poggipolini für Raum- und Luftfahrt, für Bugatti und Ferrari (ausschließlich Formel 1 Parts) herstellt. Es fällt mir nicht leicht, den herunter klappenden Unterkiefer zu verbergen, aber was wir die mit Hightech CNC-Fräsmaschinen vollgestopften Hallen zu Gesicht bekommen. Poggipolini Junior lässt das relativ kalt, dann zeigt er uns noch die alte, voll manuelle Drehmaschine seines Vaters: ein altes deutsches Fabrikat. Zum Abschluss gibt es noch eine CD. In die Preisliste haben wir vorsichtshalber bis heute noch nicht geschaut.
Benelli
Die Werkshallen befinden sich in einem Industriegebiet an der Autobahn nach Ancona. Sie sehen ziemlich groß aus und weswegen, wird sich später klären. Lucio empfängt uns freundlich im Vorzimmer neben der von Vertemati entwickelten Sportenduro und der TNT. Wir müssen gleich losfahren, um in den alten Werkshallen im Benelli-Museum eine Führung zu bekommen. Dorthin geht es im Auto, vorbei an TM und Motobi. Nebenbei erfahren wir, dass Lucio eine alte Ducati Scrambler fährt und den Kofferraum voller Teile hat. Die Führung ist dann ausführlich und zeigt, das Benelli und Motobi oft zusammen produziert haben, das Stirnradgetriebene Nockenwellen ihre Spezialität waren und das, wie andere Unternehmen, auch Benelli und Motobi nach dem Weltkrieg erstmal wieder mit 2-Taktern anfingen. Quatro und Sei, der kleinste 250er-Vierzylinder und die mächtig breite Sei mit 6-Zylindern dürften dann später in die Motorradgeschichte eingegangen sein.
Am Meer müssen wir nun köstlich mit Lucio speisen, lecker, dann gibt es noch einen Gang durch die Fabrikation. Etwas geknickt ist das italienische Ego angesichts der finanziellen Situation des ehemals italienischen Unternehmens. Heute stehen kleine, viele in Asien gefertigte Roller in den Hallen, Dreizylindermotoren mit seltsamer Abtriebswelle schweben über das Band: Die sind für Jetski! Dann aber die uns bekannten Bikes wie TNT und Tornado Tre und Trek Amazonas.
Eilig brechen wir zu unserem 2. Termin des Tages auf: Bimota in Rimini. Benelli hat seit Oktober 2005 einen chinesischen Mutterkonzern im Rücken. Qianjiang (QJ) ist eine einer der großen Motorradhersteller in China.
Bimota
Es ist schon spät als wir das Bimotawerk in Rimini erreichen, wo Anacleto Bernabei uns erwartet. Seit den 80er Jahren ist Bimota hier nahe der Autobahn A 14, Ancona-Bologna an derselben Stelle zu finden. Zeitweise war es still geworden um Bimota, wie uns Anacleto Bernabei erzählt. Nach einer Hochphase mit guten Verkaufszahlen wollte man zum Komplettanbieter werden und konstruierte 1990 einen 500 ccm Zweitaktmotor (Vdue). Der lief auch sehr gut, nur gab es bei der Umstellung auf eine Einspritzanlage derart aufwändige und kostenintensive Probleme, die die Marke Bimota beinahe in den Ruin und bis zum Konkurs trieben. Nach einem Neustart hat sich Bimota wieder gefangen und, so der heutige Geschäftsführer, will man auf keinen Fall wieder in Richtung Serienhersteller gehen. Trotzdem, von einer rentablen Jahresproduktion von mindestens 500 Bikes ist Bimota etwas entfernt. Es werden nur noch Ducati Motoren verbaut und preislich kann man auch mit einer Brutale konkurrieren. Die Anfragen werden immer exklusiver: Zu den Bimota Kunden gehören extreme Liebhaber wie reiche Ölscheichs.
Aprilia
In Noale treten wir in das alte Werk, das heute Racing- sowie Design- und Forschung- und Entwicklungsabteilung beinhaltet. Im Designdepartment sprechen wir mit Franco, sehen Phillip Starcks Studien zur Moto 6.5, die X-Ray, die nie gebaut wurde und die Mana X, eine Designstudie mit 1200er-V-Motor, die vielleicht gebaut wird. Wir sprechen mit den Designern und haben dann die Gelegenheit, das Ressort Forschung und Entwicklung zu besuchen. Fotos sind natürlich nicht erlaubt, aber eine Dorsoduro mit 1200er-Motor und eine Enduroartige Studie kommen doch zum Vorschein. Alles macht den Eindruck, als dass Aprilia DIE Designmarke in Italien ist. Entwickelt und getestet wird auch für andere Piaggio-Marken, ein Moto Guzzi-Motorgehäuse sehen wir im Torsionstest und unser Gesprächspartner erklärt uns beiläufig: »Das könnten wir auch mit dem halben Gewicht bauen.« Das Design von Breva, Griso und Stelvio ist schon hier in Noale entstanden …
Was noch fehlt: Etwas exklusiver werden NCR, Bimota und Ducati nachgereicht, doch dazu braucht es erst wieder ein Internetcafe und etwas Zeit.
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