Besuch bei ENDURISTAN

Ländliche Idylle an einem heißen Sommertag ...

Text und Interview-Fotos von Barbara Enders

 

Unser Besuch wird durch die Schläge der Kirchturmuhr angekündigt, kurz nach 18 Uhr treffen wir bei David und Isabel Jenni in Seuzach in der Nähe von Winterthur in der Schweiz ein. Die beiden sind zwei Drittel von „Enduristan“, einem Hersteller von Motorradgepäck-Taschen, die sich durch ihre Robustheit auszeichnen. Der dritte im Bunde, Christoph von Ow, befindet sich gerade auf einer fünf Monate andauernden Enduroreise zum Baikalsee, so haben wir uns das vorgestellt!

#Enduristan Vorstellungen auf MR

Auf ihren Reisen wurde die Belastbarkeit vieler Gepäckstücke bis an die Grenzen getestet, einige Taschen hielten den Anforderungen nicht stand und so suchten die jungen Reisenden nach Alternativen. Sie begannen mit der Entwicklung eigener Taschen und testeten Befestigungsmöglichkeiten. „Was ich für mich herstelle, kann ich auch für andere machen“, sagte sich David Jenni und begann mit seinen Partnern sich nach Möglichkeiten für Herstellung und Vertrieb ihrer Entwicklungen umzusehen.

Im Jahre 2008 gründeten sie ihre Firma „Enduristan“. Ihr Slogan „Wherever you ride“ sagt etwas über ihre Philosophie aus. Enduristan ist überall, Hauptsache man fährt überhaupt los!

Begonnen hat ihr Engagement mit der Suche nach besseren Reisetaschen, als jene, die sie zu Beginn ihrer Expeditionen durch Enduristan dabei hatten. Sie mussten jedoch ziemlich schnell feststellen, dass selbst die Produkte renommierter Hersteller für ihre Ansprüche nicht genügten. Zuhause in der heimischen Werkstatt, quasi wie damals Bill Gates in seiner Garage, probierten sie vieles aus, testeten Materialien, prüften Nähte und entwickelten Befestigungssysteme. Auf Nietverbindungen verzichtet Enduristan, denn die hielten den ruppigen Anforderungen eines Enduristen auf Reisen nicht stand. So entstand auch das jüngste ihrer Produkte: die Packtasche namens „Tornado“.

Enduristan brachte die Packtasche mit 20 l, 32 l und 51 l Volumen auf den Markt.

David: Ich dachte mir, die kauft eh keiner ...

David Jenni lächelt spitzbübisch, als er von der Entstehung der 82 l-Tasche erzählt. „Ich dachte mir, die kauft eh kaum einer, nicht jeder will das größte Produkt, sondern meist kauft man sich das zweitgrößte.“ Allerdings hatte er sich da mächtig getäuscht. Speziell auf dem nordamerikanischen Markt verkauft sich hauptsächlich die größte Tasche mit 82 l Volumen am besten. Aber auch in Europa geht sie weg wie warme Semmeln! Ein Schweizer Enduroreisender, den wir auf unserer Reise trafen, kauft grundsätzlich die große Tasche, da man unterwegs immer „ein wenig Platzreserve“ gebrauchen kann.

Isabel und David Jenni sind Puristen wenn sie unterwegs sind, ihre Monsoon-Satteltaschen und ein Tankrucksack pro Maschine reichen den beiden für eine viermonatige Reise durch Australien völlig aus.

Ein interessantes Produkt findet sich in den Regalen der Garage bei David und Isabel, das Isolation Bag. Ein kleiner heller Beutel, der ebenso wie sein großer Bruder Tornado einen Rollverschluss hat. „Ja“, erklärt David, „das ist eine Entwicklung, die aus dem Reisealltag entstanden ist“. Es nervte ihn ungemein, dass das Essen oft nach dem Benzin aus dem Kochgeschirr schmeckte, da beides gemeinsam im Tankrucksack transportiert wurde. Seither gibt es das Isolation Bag, das den Geruch des Inhalts genauso daran hindert nach außen zu gelangen, wie die Feuchtigkeit nach innen, deshalb auch die Bezeichnung „Isolation“.

Enduristan hat viele Ideen, die noch zu verwirklichen wären. David Jenni, studierter Maschineningenieur, der im Kraftwerksbau tätig ist, fehlt oft die Zeit, alles umzusetzen. Schließlich ist die Entwicklung von Motorradreisegepäckstücken nur eine Nebenbeschäftigung.

Sehr interessiert betrachtete er sich unsere Ausrüstung, zu deren absolut bestem Bestandteil der zu dem Zeitpunkt im Test gefahrene Tankrucksack „Sandstorm 2“ gehörte.

Für ihre Entwicklungen fertigen die drei von Enduristan exakte Zeichnungen per CAD an. Isabels und Davids Arbeitsplätze sind an einem Tisch direkt nebeneinander aufgebaut. Isabel kümmert sich hauptsächlich um die Buchhaltung, David konstruiert am CAD-Rechner. Hier entstehen die Fertigungsanweisungen für die Produkte, die Enduristan in China fertigen lässt. Die Herstellung in der Schweiz käme zu teuer und die Produzenten in China sind zuverlässig und fertigen hochwertig, den Anforderungen Enduristans entsprechend. Gemäß der Ansage auf ihrer Homepage, die „funktionale, innovative und qualitativ hochwertige Produkte für Reiseenduristen“ verspricht.

David Jenni und seine Partner haben bisher nur Produkte entwickelt, die sie selber im Einsatz haben und für notwendig erachten. Ob sie auch irgendwann Nischenprodukte entwickeln werden, wie z. B. den wasserdichten Toilettenpapierbeutel, die der Endurist nur bedingt benötigt, können sie jetzt noch nicht sagen. „Wir schauen mal, wie sich das entwickelt“, ist die diplomatische Antwort des charmant lächelnden Schweizers.

Als die Sonne nach einem heißen Sommertag untergegangen war, endete das Treffen mit diesen beiden sympathischen Menschen in einem netten Abend bei einem guten Gespräch und vielen Reiseerinnerungen an Australien, von dem Isabel und David nicht genug haben können.

Auf ihrer Firmenhomepage www.enduristan.com kann man auch die Reiseberichte nachlesen, wer weiß wohin ihre nächste Reise sie führt?