Big Agnes UL3 Tiger Wall: Zelt wie aus Papier

Big Agens Innenzelt
Big Agens Innenzelt

Das Big Agnes UL Tiger Wall gibt es in zwei Größen. Wofür steht eigentlich Tiger Wall fragen wir uns, denn jedes Schmusekätzchen könnte die Zeltwand leicht zerfetzen. Das Ultralight Business ist aber ein produktiver Unterbietungswettbewerb, der versucht ein Zelt gewichtsmäßig so leicht wir möglich herzustellen. Beim Big Agnes Tiger Wall ist das gelungen. Unterboten hat man allerdings auch die Materialdicken am Boden (was einen Footprint zwingend erforderlich macht) und auch bei der in Denier angegebenen Materialstärke, die wir mal auf 10 schätzen (20DEN hat eine Damenstrumpfhose). Taps und Zelte bestehen auch mit 15 Denier, oft wird außen 20 verwendet (oder mehr im Trekking Bereich). Die Wassersäule ist schon längst nicht mehr das Maß aller Dinge, den meist wird nicht absichtlich im Regen gezeltet und 1300mm gelten als weitgehend 'waterproof'. So richtig richtig dicht wird es erst ab 8000mm. Bei um 1000mm muss man bei starkem Regen mit leichtem Sprühregen im Zelt rechnen, bei Doppelwandzelten (auch die werden UL manchmal eingespart) ist das nicht so wir. Die Tiger Wall hat also nur 1200 mm. Damit hatten wir bisher keine Probleme, aber auch keinen Starkregen. Erwartet man den, sollte man sowieso zu einer anderen Materialart greifen. Fairer Weise deklariert Big Agnes das Zelt als 2-Jahreszeiten-Tent.

Federleicht: Gestänge, aber auch der Boden

Das Gestänge von DAC (Featherlite NFL) ist eine der großen Investitionen von Big Agnes. Es ist federleicht an den Hülsen leicht konifiziert und gebuchst für größere Stabilität an bruchgefährdeten Stellen. Pfiffig gemacht ist es auch, weil es am Fußende mit nur einer Stange auskommt. Dringen fällt einem dann nicht die Decke auf den Kopf wie in noch extremeren UL-Höhlen. Das Netzinnenzelt wirkt relativ stabil, hat große Taschen die Dank des Gestänges auch etwas Beladung vertragen. Unser Zelt war gebraucht, weswegen im Außenzelt auch ein kleines Loch war. Der elastische Stoff riss nicht weiter, fühlt sich aber wirklich spitzen Gegenständen gegenüber sehr fragil, wie Papier an. Haustiere sollte man daher auf keinen Fall in das Zelt lassen, das gilt aber auch für andere Fabrikate.


Schöne Details sind auch die doppelwandigen Zeltecken, die so den Zug von den Nähten nehmen. Nähte sind abgeklebt, das Material beidseitig silikonisiert, was auch ein wenig die geringe Wassersäule erklärt.

Die Elektrifizierung mit einer LED-Lichterkette ist keine schlechte Idee, aber vom Konzept her kontraproduktiv. zumindest kann man das Akku-Pack abnehmen, die eingenähten LEDs fallen kaum ins Gewicht.

Wir haben mit einer nicht ganz passenden Footprint versucht das Zelt auch ohne Innenzelt zu nutzen, das funktionierte, aber es stand nur leidlich gut. Die Stärken des Zeltes ist also der Wind und Wetterschutz zu sommerlichen Konditionen und vor allem das Gewicht, das im Rucksack nicht dick aufträgt. Es gibt auch günstigere Zelte, die für ein paar Gramm mehr ähnliches leisten, aber wenn es auf jedes Gramm ankommt, ist die Big Agnes eine gute Wahl.

 

Zeltmaterialien [+]

Besonderes Augenmerk verdient das Gestänge bei Zelten, wenn sie der härteren Gangart ausgesetzt werden. Das Gestänge muss flexibel aber auch bruchfest und dabei leicht sein. Es sollte dem Wind etwas nachgeben, dem Zelt aber seine nachhaltige Form bewahren und bisweilen eine beachtliche Schneelast aushalten.

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Am besten kann das ein hochwertiges Aluminiumgestänge. Renommierte Hersteller sind DAC Featherlite und Easten Alloy. Deren Gestänge verschiedener Durchmesser sind hohl und weisen verschiedene Steckverbindungen auf. DAC Featherlite (auch NFL) hat z. T. hülsenlose Übergänge zwischen den Segmenten, damit es sich leicht durch Gestängekanäle schieben lässt. Easton Alloy zeichnet sich durch hochwertiges Material aus.

Anhand der Werkstoffbezeichnung lässt sich das Herstellungsland und die Härte ablesen: 7075 T6 kommt meist aus Europa, 7001 T6 wird oft in Korea gefertigt. Die Zahl hinter dem T (im Zeltbau meist zwischen T6 und T9), gibt Auskunft über die Härte, Steifigkeit und Elastizität, bzw. die Art der Wärmebehandlung. Je nach Anwendung und Radius, in dem die Stange eingebaut wird kann der T-Wert variieren.

Überzeltmaterialien: Nylon oder Polyester?

Aus welchen Material das Überzelt sein soll ist nicht einfach zu beantworten. Einfache Polyestermaterialien sind meist preisgünstiger als veredeltes Nylon. Frage man den Chemiker, so schneidet im direkten Vergleich und in Reinform Polyester ‚besser‘ ab. Im Zeltbau liegen die Textilen Stoffe aber in stark abgewandelter Form vor, weswegen sich die Eigenschaften stark abhängig von der Veredelung verhalten.

Sprach man Polyester eine Unverrottbarkeit, geringe Dehnung und geringe UV-Empfindlichkeit zu, hatte Nylon beinahe gegenteilige Eigenschaften. Nylon, das für Zelte verwendet wird, ist meist die RipStop-Ausführung, die dadurch reißfest und durch aufwändige Slikonisierung UV-unempfindlicher geworden ist.


MR-Empfehlung: günstige und leichte Polyesterzelte sind für den Sommer ganz praktisch, weil sie leicht sind und schnell trocknen. Wenn der Aufenthalte mehr in kühlere Gefilde und außerhalb von Campingplätzen führt, sollte man über die Anschaffung eines (beidseitig) silikonisierten Nylon-Zeltes nachdenken. Das silikonisierte Nylonzelt kann selbstverständlich auch im Sommer benutzt werden, denn die Silikonbeschichtung wirkt der Versprödung von Nylon entgegen. Sie durchdringt das Gewebe und macht es elastischer, stabiler. Regentropfen verbleiben, ziehen nicht in das Gewebe ein und können abgeschüttelt werden. Manchmal dauert das Trocknen wegen der glatten Oberfläche aber auch etwas länger.

Auch ein Thema: giftige Stoffe und Flammenhemmer (Prop 65)

'Flame retardant' ist auf vielen für die USA produzierten Zelte zu lesen. Diese Flammenhemmer in PU Materialien sind erwiesenermaßen krebserregend. Kalifornien hat dazu eine Kennzeichnungspflicht („Prop 65“, oder ‚Proposition 65‘) eingeführt. Es wird empfohlen die Zelte gut zu lüften, sie gar mit Handschuhen aufzustellen und nicht in ihnen zu kochen. Einige Hersteller wie Exped, Hilleberg oder Fjällräven verzichten seit geraumer Zeit auf diese Stoffe. Hier eine Liste von Herstellern, die Flammenhemmer vermeiden.

Materialinfo zusammengefasst:

Nylon (Markenfaser aus Polyamid): höchste Reiß- und Scheuerfestigkeit, Nachteil: Dehnung und UV-Empfindlichkeit, wenn nicht beschichtet. Die RipStop Verarbeitung und Silikonbeschichtung erhöht die Reißfestigkeit und minimiert die Nässedehnung. Eine Silikonbeschichtung (Mehrfachbeschichtung mit Si-Elastomer) minimiert zwar die Wassersäule, erhöht aber die UV-Beständigkeit – den größten Feind des Zeltes.

  • UV-Beständigkeit
  • Hohe Reißfestigkeit
  • Veredelt sehr robust und leichter als Polyester
  • Wassertropfen gut abschüttelbar bei SI-Material
  • Muss innen besser belüftet werden als Polyester (Kondenswasser)
  • SI-Zelte müssen an den Nähten nachgedichtet werden

Polyester: gute allround-Eigenschaften, wenig Wasseraufnahme (trocknet schnell) allerdings wegen statischer Aufladung zum Teil schmutzempfindlich. Günstig und leicht, wenig Nässedehnung, hohe UV- und Verottungsbeständigkeit. Flattergeräusche sind lauter als bei anderen Zeltmaterialien.

  • Preisgünstig
  • Geringe Entflammbarkeit
  • Schnelltrocknend
  • PU nur oberflächlich aufgetragen (Haltbarkeit)
  • teilweise giftig mit Flammenhemmern behandelt
Was ist die Summe aus 5 und 8?