Hängepartie: Hängematte mit Dach

Baumzelte: Schlafen in den Lüften

'Stingray' ist eine Fernsehserie, die von Rochen handelt und genauso sieht dieses geräumige wabernde Ungeheuer auch aus. Nur ist Stingray von Tentsile kein dreieckiger Meeresbewohner, sondern ein Tentsile Baumzelt, das an drei Slacklines an den Bäumen aufgehängt im Wald zu Hause ist.


Ihr habt richtig gehört: ein Zelt, das nicht auf dem Boden steht. Das hört sich erst mal spannend an. In der Praxis haben wir das ca. 10 kg wiegende Zelt ein paar Mal aufgebaut. Am Schwersten daran sind tatsächlich die LKW Spanngurte und der dicke, üppig dimensionierte Boden. Der wird wie eine Hängematte an drei Punkten abgespannt. Auch im Boden werden die immensen horizontalen Kräfte durch Gurtbänder (Wie Auto Sicherheitsgurte) übertragen. Der Rest ist einfach: 2 Gestängebögen einziehen und das Überzelt überwerfen, festspanen – fertig. Das Problem was wir vorher nicht gesehen haben ist einfach, 3 optimale Bäume zu finden, die im richtigen Winkel und Abstand stehen. Das ist selbst im Wald nicht immer optimal zu bewerkstelligen. Bäume sollten mindestens 25 cm dick sein und einen Abstand zwischen 6-8 Metern haben UND in einem Winkel von 120° zueinander stehen. Dann bekommt man das Stingray auch ordentlich aufgebaut. Andernfalls ist der Boden an einer Ecke nicht straff und wer da schläft, kann gegen die Zeltwand rollen.

Eine gute Erfindung oder ein guter Gag ist das Zelt allemal. Wir konnten nur auf ein Prototypen zugreifen, der schon an einer Stelle genäht (weil vom Gestänge durchgestochen) und etwas unkonventionell verarbeitet war. Einen Regentest konnten wir (bisher) nicht machen, das Zelt scheint aber nicht unbedingt für richtig schlechtes Wetter ausgelegt.

Beobachten sollte man auch die Ratschen der Slack-Line Spanngurte, die müssen sauber rasten, ehe man sich mit 3 Personen in das Zelt legt. Ein Nachspannen kann auch erforderlich sein.

Neben dem Zelteingang gibt es noch eine dreieckige Öffnung im Zeltboden, die auch mit einer Tentsile Strickleiter versehen werden kann. Allerding muss das Zelt auch erst mal in größerer Höhe aufgebaut werden. Tentsile empfiehlt selber aus Sicherheitsgründen nur eine Höhe von etwa 1,20 m.

Für rund 600 € ein etwas teurer Prototyp, aber zusammen mit dem Polarmond Schlafsystem und dem Fjällräven Keb Dome 3 haben wir dieses Jahr ein paar sehr extravagante Zelte getestet.

Fazit:

Das Tentsile Stingray ist etwas für Avantgardisten, die Extreme suchen. Schlafen will man wie in einer Hängematte und sicher vor Tieren ist ein Baumzelt auch allemal. Nach erfolgreicher Auswahl der Bäume kann nichts mehr schief gehen. Auf eine Isomatte kann im Sommer verzichtet werden. Etwas Vertrauen in die Gurtbänder sollte man im Schlaf schon haben. Im ärgsten Fall lassen sich die aber unkompliziert gegen noch stärkere austauschen. Achtung: die umspannten Bäume sollten mindestens 25 cm im Durchmesser haben. Wir empfehlen das Zelt für sommerliche Outdoor-Ausflüge im schwierigen Gelände: oder als Spielzelt für Kinder!

Plus

  • Unmögliche Zeltuntergründe sind möglich
  • Selbst am Hang oder über einem Fluss kann gezeltet werden

Minus

  • Geeignete Abspannpunkte zu finden ist selbst im Wald nicht leicht
  • Qualität des Überzelts nicht sonderlich sturmfest, Spanngurte haben nur mäßige Qualität
  • Schweres Gesamtpaket: 10 kg
Zeltmaterialien [+]

Besonderes Augenmerk verdient das Gestänge bei Zelten, wenn sie der härteren Gangart ausgesetzt werden. Das Gestänge muss flexibel aber auch bruchfest und dabei leicht sein. Es sollte dem Wind etwas nachgeben, dem Zelt aber seine nachhaltige Form bewahren und bisweilen eine beachtliche Schneelast aushalten.

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Am besten kann das ein hochwertiges Aluminiumgestänge. Renommierte Hersteller sind DAC Featherlite und Easten Alloy. Deren Gestänge verschiedener Durchmesser sind hohl und weisen verschiedene Steckverbindungen auf. DAC Featherlite (auch NFL) hat z. T. hülsenlose Übergänge zwischen den Segmenten, damit es sich leicht durch Gestängekanäle schieben lässt. Easton Alloy zeichnet sich durch hochwertiges Material aus.

Anhand der Werkstoffbezeichnung lässt sich das Herstellungsland und die Härte ablesen: 7075 T6 kommt meist aus Europa, 7001 T6 wird oft in Korea gefertigt. Die Zahl hinter dem T (im Zeltbau meist zwischen T6 und T9), gibt Auskunft über die Härte, Steifigkeit und Elastizität, bzw. die Art der Wärmebehandlung. Je nach Anwendung und Radius, in dem die Stange eingebaut wird kann der T-Wert variieren.

Überzeltmaterialien: Nylon oder Polyester?

Aus welchen Material das Überzelt sein soll ist nicht einfach zu beantworten. Einfache Polyestermaterialien sind meist preisgünstiger als veredeltes Nylon. Frage man den Chemiker, so schneidet im direkten Vergleich und in Reinform Polyester ‚besser‘ ab. Im Zeltbau liegen die Textilen Stoffe aber in stark abgewandelter Form vor, weswegen sich die Eigenschaften stark abhängig von der Veredelung verhalten.

Sprach man Polyester eine Unverrottbarkeit, geringe Dehnung und geringe UV-Empfindlichkeit zu, hatte Nylon beinahe gegenteilige Eigenschaften. Nylon, das für Zelte verwendet wird, ist meist die RipStop-Ausführung, die dadurch reißfest und durch aufwändige Slikonisierung UV-unempfindlicher geworden ist.


MR-Empfehlung: günstige und leichte Polyesterzelte sind für den Sommer ganz praktisch, weil sie leicht sind und schnell trocknen. Wenn der Aufenthalte mehr in kühlere Gefilde und außerhalb von Campingplätzen führt, sollte man über die Anschaffung eines (beidseitig) silikonisierten Nylon-Zeltes nachdenken. Das silikonisierte Nylonzelt kann selbstverständlich auch im Sommer benutzt werden, denn die Silikonbeschichtung wirkt der Versprödung von Nylon entgegen. Sie durchdringt das Gewebe und macht es elastischer, stabiler. Regentropfen verbleiben, ziehen nicht in das Gewebe ein und können abgeschüttelt werden. Manchmal dauert das Trocknen wegen der glatten Oberfläche aber auch etwas länger.

Auch ein Thema: giftige Stoffe und Flammenhemmer (Prop 65)

'Flame retardant' ist auf vielen für die USA produzierten Zelte zu lesen. Diese Flammenhemmer in PU Materialien sind erwiesenermaßen krebserregend. Kalifornien hat dazu eine Kennzeichnungspflicht („Prop 65“, oder ‚Proposition 65‘) eingeführt. Es wird empfohlen die Zelte gut zu lüften, sie gar mit Handschuhen aufzustellen und nicht in ihnen zu kochen. Einige Hersteller wie Exped, Hilleberg oder Fjällräven verzichten seit geraumer Zeit auf diese Stoffe. Hier eine Liste von Herstellern, die Flammenhemmer vermeiden.

Materialinfo zusammengefasst:

Nylon (Markenfaser aus Polyamid): höchste Reiß- und Scheuerfestigkeit, Nachteil: Dehnung und UV-Empfindlichkeit, wenn nicht beschichtet. Die RipStop Verarbeitung und Silikonbeschichtung erhöht die Reißfestigkeit und minimiert die Nässedehnung. Eine Silikonbeschichtung (Mehrfachbeschichtung mit Si-Elastomer) minimiert zwar die Wassersäule, erhöht aber die UV-Beständigkeit – den größten Feind des Zeltes.

  • UV-Beständigkeit
  • Hohe Reißfestigkeit
  • Veredelt sehr robust und leichter als Polyester
  • Wassertropfen gut abschüttelbar bei SI-Material
  • Muss innen besser belüftet werden als Polyester (Kondenswasser)
  • SI-Zelte müssen an den Nähten nachgedichtet werden

Polyester: gute allround-Eigenschaften, wenig Wasseraufnahme (trocknet schnell) allerdings wegen statischer Aufladung zum Teil schmutzempfindlich. Günstig und leicht, wenig Nässedehnung, hohe UV- und Verottungsbeständigkeit. Flattergeräusche sind lauter als bei anderen Zeltmaterialien.

  • Preisgünstig
  • Geringe Entflammbarkeit
  • Schnelltrocknend
  • PU nur oberflächlich aufgetragen (Haltbarkeit)
  • teilweise giftig mit Flammenhemmern behandelt