Provence-Alpes-Côte d'Azur bei Baedeker

Die Sonnenstube Europas zu sein, nehmen viele Regionen für sich in Anspruch. Die Provence hat gute Chancen, das wahrzumachen. Vor Sonne muss man sich aber auch schützen. Im Winter haben wir Mitteleuropäer dort Defizite und deswegen ist die südliche Region Frankreichs so populär. Wegen des berühmten Lichtes der Maler, der Art zu leben und vieler anderer Dinge.

Die Provence ist eine klassische Urlaubsregion, sonnenverwöhnt, kulturell ansprechend und günstig gelegen für Motorrad-, Bahn- oder auch Reisen auf eigener Achse.

Politischbetrachtet ist die jüngste Geschichte der Region hingegen alarmierend. Dafür können sicherlich Verlag und Autorin nichts, wenigstens erwähnen sie es aber in dem Geschichts-Kapitel ab Seite 330. Die einst von Präsident Mitterrand zusammengefügte Region PACA ist relativ fest in der Hand von rechtsextremen Partei RN von Marine Le Pen. Wie wird sich Frankreich und die Europäische Union also nach den Wahlen am 9. Juni 2024 entwickeln?

Es ist nicht schön das zu lesen, aber so endet das Kapitel jüngerer Geschichte:

Natur und Klima meinen es gut mit den provenzalischen Regionen, 3.000 Sonnenstunden pro Jahr werden durchschnittlich geboten. Sie bringt einen leuchtenden Blütenteppich von Lavendel und den grandiosen Berglandschaften mit sich und natürlich die wunderbaren Farben der Côte d'Azur zwischen Menton und Montpellier.

Kein Licht ohne Schatten, denn nach Corona ist der Tourismus in der Provence eher noch gewachsen. Die ehemalige Regierungssprecherin Frankreichs Olivia Gregoire hat kürzlich den unpopulären Satz getwittert: »Es ist Aufgabe der Regierung, in Zusammenarbeit mit den regionalen Behörden und den Fremdenverkehrsämtern Maßnahmen zur Information von Touristen und Einheimischen zu ergreifen, um den Andrang zu bewältigen.«

Es geht also darum, Besucherströme besser zu steuern, für gleichmäßige, umweltverträgliche Auslastungen zu sorgen. Auch dazu kann ein guter Reiseführer beitragen. Nicht nur die ohnehin bekannten Orte mit Instagram-Points noch bekannter zu machen, sondern für einen gleichmäßigen, besser verteilten Tourismus zu sorgen, sollte auch die Aufgabe von Baedeker & Co sein.

Natürlich kommen Mont Ventoux, Camargue, atmosphärische Städte wie Aix-en-Provence und Arles oder das römischen Bauwerk Pont du Gard und die Gorges du Verdon prominent im Reiseführer vor. Aber auch eben viele anderen, kleineren Destinationen. Gerade am Meer, an den Küstenstraßen von Marseille, Saint Tropez oder Nizza zeigt sich im Sommer, wie voll es werden kann. Baedeker bietet hier „kompetente Sterne-Bewertung der Top-Ziele, übersichtliche Infografiken und spannende 3D-Darstellungen“ und wir hoffen: nicht nur für die Gassenhauer, die sowieso entweder schon bekannt sind, oder deren Erwähnung für noch mehr Tourismus an spezifischen Hotspots bringt. Lassen Sie Insta und Netflix zu Hause, lassen sie sich auf die Provence ein, lesen Sie, aber planen sie nicht jede Kleinigkeit!

Opfer der eigenen Popularität

Erwähnt werden auch die kleinen Märkte auf denen noch lokale Produkte angeboten werden, es werden Tourenvorschläge gemacht – die Provence in drei verschiedenen Touren entspannt zu Fuß, mit dem Rad, dem Auto oder den öffentlichen Verkehrsmitteln zu entdecken. Da kommen aktuelle Überlegungen über die Einführung höherer Beherbergungssteuern oder Zugangsgebühren der Kommunen ungelegen, sollen aber steuernde Wirkung haben. Um Übertourismus in den Griff zu bekommen, sollen solche Steuern für die Erhaltung empfindlicher Gebiete und der Artenvielfalt verwendet werden, die durch den Tourismus erheblich beeinträchtigt wurden. „Didier Arino, Leiter des Beratungsnetzwerks Protourisme, warnte vor einem Verlust von 30 Prozent der Artenvielfalt in den letzten 25 Jahren.“

Out sind unserer Meinung nach bloße Shopping-Trips und Kurzreisen. Soviel Zeit sollte sein, 2,– 3 Wochen einen Landstrich entdecken, erkunden, der einen ganzen Tag der Anreise benötigt. Baedeker deckt eine ganze Menge Standards ab auf den 430 Seiten: Hintergrundinfos zur Natur, zu Landschaft und Klima, Geschichte, Wirtschaft und Kultur, zu den Menschen und deren Alltag in der Provence. Servicekapitel mit praktischen Informationen zum Alltag und für die Vorbereitung der Reise.

Diese Baedeker-Reihe will eine gute Urlaubsinspiration ermöglichen, umfassend über Region und Leute informieren, Menschen Empfehlungen geben, die Wert auf Kultur und Natur legen oder auf der Suche nach außergewöhnlichen Momenten sind.

Résumé: Die Neuauflage zeigt aktualisierte Informationen und neue Bilder und begeistert durch die stilvolle, typografische Aufmachung. Im Kern ist der Reiseführer aber ein klassischer, der sich nicht viel Neues traut, aber Bewährtes sehr gut darstellt. Praktischer Einband mit Gummibandlesezeichen und heruasnehmbarer Zip-Karte (Generalkarte der Region) im Einband.

Die Autorin Gabriele Kalmbach arbeitet auch als Übersetzerin und Redakteurin von Kochbüchern und Reiseführern und lebt nach mehreren Jahren in Baden-Württemberg in Köln und in der Bretagne. Ihre thematischen Schwerpunkte sind Deutschland und Frankreich (Wiki / eigene Webseite). Reisen wie die Autoren bei der Recherche, könnte ein Tipp sein, den Entdeckermodus einzuschalten oder, wie die Autorin selbst erwähnt: „Außerdem schaue ich mir entlegene Orte an, für die im Reiseführer leider kein Platz ist.“ (gabrielekalmbach.de)

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