Zwischen Hopfen und Weinreben

Fränkisches Weinland: Von Mainfranken bis Bierfranken

Im frühen Herbst noch einmal durch das Weinland cruisen, den Main mehrfach queren und in der Fränkischen Schweiz ein paar Motorradtreffs abklappern – um dann in der wohligen Frankenmetropole Bamberg zu landen.

Entlang des Mains und bis zur Tauber erstrecken sich unendlich viele Weinberge. Gleichwohl hat die Fränkische Schweiz die höchste Brauereien-Dichte Europas (wenn nicht gar weltweit). Was liegt näher, als zwischen Wein, Gerste und Malz im Frankenland auf eine entspannte Entdeckungstour zu gehen!

Fränkische Schweiz: höchste Brauereien-Dichte Europas

Frankfurt bei warmen Temperaturen zu verlassen ist eine Wohltat. Bei Aschaffenburg ist man schon mitten im Freistaat, der sich hier stolz Franken, genauer ‚Region Spessart Mainland‘ nennt. Immer in der Nähe des schiffbaren Flusses gelangt der Reisende inmitten des Mainvierecks. Es wird von Miltenberg und Wertheim flankiert. Danach führt das Main im hohen Bogen nach Norden und beschreibt bei Lohr und Gmünden eine dreieckige Kehrtwende.

Der Einstieg über die Straßen des Spessarts ist vielversprechend, den krisenhaften Bikertreff Amorbach im Odenwald lasse ich lieber links liegen. Rund um das königliche Schloss Mespelbrunn wird es touristisch frequentierter. Überhaupt ist die Kirchendichte in Mainfranken so hoch, man könnte von einer Kirchturmspitze zur nächsten fahren. Im 16. Jahrhundert ließ der damals herrschende Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn unzählige Kirchen mit den markanten spitzen Türmen erbauen, die nun nach ihrem Erbauer folgerichtig Echtertürme heißen.

Einen Blick werfe ich dennoch auf das inmitten von Spessart-Wäldern gelegene Wasserschloss. Danach kommt man fast unweigerlich an den Sektionen des Trial Sport Clubs Großheubach vorbei, auf dessen Gelände internationale Wettbewerbe ausgetragen werden: Der Tipp lautet: zuschauen, wenn mal was los ist!

Am Main, bei Dorfprozelten ist Zeit für eine Rast. An einem sonnigen Herbsttag tummeln sich Jung und Alt am Mainufer, die Kleinsten spielen sogar in den Gestaden des Flusses. Man genießt die letzten intensiven Sonnenstrahlen, während die Mainschiffer ihre Kähne flott machen. Zwischen nahe gelegenem Kiosk (namens Ponde Rosa!) haben es sich die Dorfältesten auf einer Bank gemütlich gemacht. Fremde werden zwangsläufig zum Gesprächsthema …

Frickenhausen: willkommen im Weinland Franken!

In Wertheim gibt es vis-à-vis der gleichnamigen Burg gibt es ruhiges Café mit Aussichtsterrasse. Östlich von hier verkehren besonders viele kleine Straßenfähren über den Main. Es gibt motorbetriebene, aber auch durch die Strömung traversierende Fähren, was einem der freundliche Fährmann auf der kurzen Fahrt sicherlich noch einmal erklären wird. Das Fährerlebnis kostet meist nur einen Euro, doch leider diskutieren Region und Politik immer wieder die Stilllegung der Fähren, was das Reisen in Mainfranken um eine Attraktion ärmer machen würde. Auch vor den Toren des idyllischen Weindorfes Sulzfeld, zwischen Kitzingen und Ochsenfurt, verkehrt noch so eine Gierseilfähre. Sulzfeld ist von einem fotogenen Mauerring mit zahlreichen Toren und 18 Türmen umgeben. Südlich des Mains geht es nun immer tiefer hinein ins ‚Weinland Franken‘. Spätestens in der Gegend von Frickenhausen, einem typisch fränkischen Weindorf, ist es dann so weit – Weinberge, soweit das Auge reicht! Samt Anreise ist für mich das Tagesquantum erfüllt, und ich gönne mir eine Nacht im stylischen Weinhotel Meintzinger. Im Wirtshaus nebenan werden fränkische Spezialitäten gereicht und so plane ich den morgigen Tag, der mich noch durch die Mainschleife bei Volkach ins Coburger Land bringen soll.


Auch Volkach ist eines dieser typisch weinfränkischen Dörfer mit Mauerring und hohen Tortürmen. Sie überragen die Stadt und wenn man Glück hat, sehe ich meist ältere Einheimische, die in ihren offenen Gärten direkt am Mauerring Gemüse ernten oder genüsslich Gärtnern. Ein ähnliches Stadtbild gibt auch Mainbernheim ab, wo es ebenfalls einen historischen Marktplatz und Stadtgärten direkt an der Stadtmauer zu sehen gibt.

Ein Grund, weswegen viele nach Volkach kommen, ist die exponiert gelegene Vogelsburg. Sie liegt im Herzen der so genannten Mainschleife inmitten von Weinbergen. Die Augustiner-Klosterkirche und der Terrassen-Biergarten haben leider wegen Renovierung bis zum Sommer 2015 geschlossen. In der Ferne sieht man die Region des Maindreiecks, deren kräftiges Grün der Weinreben mit dem Himmel in wunderbaren Kontrast steht. Trotz Baustelle gibt es hier gratis den Ausblick auf den 100 Meter tiefer gelegenen Mäandern des Flusses: Hier liegen zu unseren Füßen die Weinorte Volkach, Nordheim und Escherndorf, deren Weinhänge zu den bekanntesten Lagen Frankens zählen.

Eine Top-Alternative zur Gastronomie der Vogelsburg findet sich nur wenige Kilometer entfernt: Die Hallburg hat geöffnet und liegt inmitten von ausgedehntem Weinbergen. Ihre gigantische Terrasse könnte man gar einen Geheimtipp nennen. Auch hier bekommt man aus Bocksbeuteln eingeschenkt, den begehrten Vogelsburger Pforte-Wein und typische Spezialitäten. Die Augustinerschwestern der Vogelsburg waren für Franken wegweisend im ökologischen Weinbau. Sie bauen ihre Reben in Frankens ältestem Weingut an den steilen Hängen über der Mainschleife schon seit 1964 unter vollständigem Verzicht auf Spritzmittel an.

Nur ein paar Kilometer weiter nördlich, in Sichtweite der Vogelsburg, trifft man auf eine berühmte Kirche inmitten der Weinlandschaft, die auch tatsächlich so heißt: ‚Maria im Weingarten‘. Die alte Wallfahrtskirche beherbergt das bedeutende mittelalterliche Bildwerk ‚Maria im Rosenkranz‘ des berühmten fränkischen Holzschnitzers Tilman Riemenschneider. Der Pilgerweg hinauf ist genaugenommen nicht befahrbar, aber eine Händlersfrau, die unten Schnaps und Äpfel verkauft, fordert mich auf es zu tun (Foahn’s infach hinuf), also tue ich es …

Im abgelegenen Handthal liegt das Steigerwald-Besucherzentrum und auffällig viel Rotwild steht brav in angelegten Gehegen. Die Steigerwald Höhenstraße ist das Rote Band, dem man nun genussvoll nach Nordosten folgen sollte. Ab Ebrach taucht die Straße in den Wald, sauerstoffreiche Luft macht wieder fit für weitere Besichtigungen: Den Komplex des ehemaligen Zisterziensers Klosters Ebrach kann man kaum verfehlen. Es sieht aus wie ein kleines Versailles von Franken doch ist in dem historischen Gebäude seit über 100 Jahren eine Justizvollzugsanstalt untergebracht. Nebenan eine prächtigen Abteikirche, die den Ausmaßen eines Doms gleicht. Nicht weit entfernt in der mondänen Gaststätte Zum Alten Bahnhof kann man in einem historischen Eisenbahn-Waggon eine zünftige Frankenmahlzeit einnehmen.

Es sind die fränkischen Hassberge, die mich nun in weiten Kurven in Richtung Bad Rodach geleiten. Oft kommt man dabei an den für Mainfranken so typischen Bildstöcken vorbei. Sie zeigen entlang der alten Pilgerwege meist Brückenheilige und ‚Kreuzschlepper‘, Jesusfiguren, die gebückt das Kreuz tragen. Die Veste Heldburg (auch Fränkische Leuchte genannt) ist schon Hingucker der fränkischen Burg-Architektur, aber auch Coburg lohnt einen Altstadt-Rundgang um Mensch und Maschine ein wenige Ruhe zu gönnen.

»Do, browiern se mol den Kren, der is fei scharf!«

´S Godd, wolle se net ä Glainichkeit gebb? Fragt mich der Leierkastenmann am Coburger Gemüsemarkt, und sieht mir an, dass es bei mit im Kopf noch rattert. Hoch hinaus geht es zur Coburg, deren Silhouette eine bekannte Versicherungsgesellschaft als Logo gewählt hat. Aus der Entfernung ist sie noch einen Deut fotogener, aber die Aussicht auf das Coburger Land rechtfertigt den Fußweg hinauf sehr.

Wallfahrtskirchen wir die Basilika von Vierzehnheiligen oder Banz fliegen vorbei, dann gelangt man zwischen Main und Regnitz in die heimliche Hauptstadt Oberfrankens, und das ist Bamberg ganz sicher zu Recht: Ihr UNESCO Welterbe verdient sie ebenso wie den Beinamen Klein Venedig. Viel Wasser durchzieht das historische Zentrum, meist ist es die Regnitz, die kurze Zeit später in den Main mündet. Das schöne Ensemble zieht Scharen von Touristen an, besonders aus dem angloamerikanischen Sprachraum. Kaum eine Minute vergeht, in der nicht eine amerikanische Reisegruppe vom Obstmarkt in die Karolinenstraße den Torturm des alten Rathauses passiert. Am Gebäude prangen farbenfrohe Fresken von Johann Anwanderer. Dann geht es oft zum Laden von Käthe Wohlfahrt, die das ganze Jahr über Christbaumschmuck – nicht nur an Touristen – verkauft.

1944/45 wurde Bamberg von den Zerstörungen der amerikanischen Luftwaffe schwer in Mittleidenschaft gezogen. Als Fremder merkt man davon heute kaum noch etwas. Anders sieht das in Nürnberg aus, wo das Stadtbild in den Außenbezirken teils stark durch die Baulücken-Architektur nach dem II. Weltkrieg geprägt ist. Dicht gedrängt sind in den vielen Bistrots und Cafés alle Plätze belegt: Venezia lässt grüßen!

Hinauf geht’s zum Bamberger Dom und der Residenz, die Altstadt ist sogar zum Teil mit dem Motorrad befahrbar. Auch hier das gleiche entspannte Bild, Touristen wie in Florenz, ein Dom mit altem Chorgestühl und dem Wahrzeichen der Stadt, dem steinernen Bamberger Reiter. An den wild bewachsenen Ufern der Regnitz kann man quasi mitten in der Stadt ein Picknick im Grünen machen, denn der Fluss wurde nicht wie andernorts in ein graues Betonkorsett gezwungen. Gegen Abend wird es ruhiger in der Stadt, denn genauso wie ich verlassen die Touristen aus Übersee die Stadt. Die einen per Mainschifffahrt, ich lieber auf dem Honda Crosstourer.

Kathi-Bräu: »Im Summer kumme unner der Woch' als amol fünnefhunnerd Leut'!«

Mich reizt die vielbeschriebene Fränkische Schweiz als Motorrad- und Freizeit-Revier. Fünf Kilometer in Richtung Schweiz noch ein Paukenschlag der Jagdschoss-Architektur: von 21 Hektar Garten und Anlagen umringt, ist die frühere Residenz der Bamberger Fürstbischöfe auch heute noch sehr pompös. In der unmittelbaren Nachbarschaft gibt es eine Menge Teiche, in denen Karpfen gezüchtet werden, die weit oben auf dem oberfränkischen Speisezettel stehen. Eher auffällig für mich als Nordlicht sind die Bier- und Essenspreise. Auf dem Motorradtreff Kathi-Bräu kostet die Maß nur 4,20 €, doch wie soll man danach sein Motorrad vom Platz bekommen? Die Fränkische Schweiz wäre für Biker schon ein Thema für sich: Nur ein Tipp: zwischen Gößweinstein, Pottenstein, Aufseß, Tüchersfeld sowie Ebermannstadt kann man hervorragend Motorrad fahren, bodenständig Essen, durch Höhlen steigen oder auch im Felsen klettern. Die Flüsse Wisent und Püttlach vereinen sich später zur Regnitz und münden schließlich in den Main, dem Fluss, dem wir so lange gefolgt sind.

Den Abend zumindest einmal in einem fränkischen ‚Kellerwald‘ verbringen. Meist haben alle umliegenden Brauereien in so einem Wald eine Dependance. Waschechte Franken kommen regelmäßig hierher und genießen ihr Kellerbier in Forchheim oder auf der Erlangener Kirchweih.

Bevor es wieder zu Tauber und Main geht, mache ich in Baiersdorf eine Stippvisite beim Werksverkauf von Schamel. Meerrettich oder besser Kren wird rund um den Ort angebaut und von Schamel traditionell verarbeitet. Während sich die zweite große Marke ‚Koch-Meerrettich‘ nach Ungarn aufgemacht hat, produziert Schamel, nicht ohne Stolz und Lokalkolorid weiterhin vor Ort: Scharfe Meerrettichspezialitäten, aber auch einen Brand aus dem aufwendig angebauten Gemüse.

Ausgerechnet in der Stadtregion Nürnberg komme ich ins Schwanken; wo war gleich das unsägliche Zeppelinfeld und die Kongresshalle? Faahns amal da lang, aber Obbacht mit dem Mobbed! Sagt mir der Sicherheitsmann im breitesten Fränggisch. Ein ‚K‘ gibt es hier gänzlich nicht mehr. Das Reichsparteitagsgelände ist nicht zu verfehlen und tatsächlich so dröge, dass man einen Fußball- und einen Rummelplatz mitten rein gebaut hat.

Kurs West von Nürnberg führt durch das sehr ländliche ‚romantische Franken‘ nach Rothenburg ob der Tauber. Rothenburg ist nicht nur wegen des Taubertal-Festivals bekannt, sondern auch wegen seines geschlossen mittelalterlichen Stadtbildes, seiner exponierten Lage und der zahlreichen Baudenkmäler. Auch hier lohnt es sich, inmitten der Stadtmauern sein Motorrad abzustellen, die Altstadt und die Aussicht ins Taubertal zu erkunden. Kaum zu glauben, doch noch im März 1945 legte eine (fehlgeleitete) Staffel der US-Luftwaffe einen großen Teil der Altstadt Rothenburgs in Schutt und Asche. Nach Kriegsende wurden viele Gebäude originalgetreu wieder aufgebaut – auch durch großzügige Zuwendungen aus den USA, wie Spendertafeln am Wehrgang belegen.

Bevor die Runde zum Main wieder geschlossen wird, entfalten sich entlang der Tauber sehr schöne Motorradstrecken. Mit Freunden treffe ich mich an dem Punkt, an dem Ober-, Unter- und Mittelfranken zusammentreffen: vom ‚Weinparadies Scheune‘ bei Bullenheim ist man von ‚Bierfranken‘ endgültig wieder in Wein- und Mainfranken angekommen.

Tipps Einkehrschwünge:

  • Gasthaus Winzerstube in Rödelsee | www.winzerstube-schwanfelder.de | Fränkische Spezialitäten
  • Weinrestaurant Schloss Hallburg | www.weinrestaurant-schlosshallburg.de
  • Hotel Turm Dieb | https://turmdieb.de (Volkach)
  • Meintzinger Weingut | (www.hotel-meintzinger.de)
  • Alte Molkerei | Moto Route Hotel von Thomas Vinzelberg
  • Weinparadies Scheune bei Bullenheim www.weinparadies-scheune.de/ Hier treffen geografisch alle drei Frankenregionen zusammen (Mo-Die geschlossen)
  • Motorrad Treff und Brauerei Wirtschaft Kathi-Bräu | www.biker-treff.de/treff/Kathi-Bräu.html | Heckenhof 1, 91347 Heckenhof-Aufseß | An Sommerwochenenden ein Riesen Motorrad-Biergarten.

Franken ist kulinarisch eine echte Besonderheit, aber auch eine vielfältige Region. Zwischen der Rhön, dem Fichtelgebirge, der Fränkischen Schweiz und dem fränkischen Weinland liegen viele Variationen der Ess- und Trink-Kultur, der Landschaft und der Menschen.

Touren & Tourismus

Route: Streckenlänge 850 km

  • Eine aktuellere Tour im Fränkischen findet iher hier.