Wander-Navigation auf Android
Was taugen die gängigsten Android Navigationsprogramme? Michael Grüter machte einen Selbstveruch mit Komoot und ape@map in Potsdam und Brandenburg. Alle Anwendungen basieren auf Openstreetmap. OSMAND, unseren heimlichen Favoriten, stellen wir im Anschluss vor.
Gastbeitrag von Michael Grüter
Essay: Bauchredner im Wald
oder: Wander-Apps fürs Smartphone mit Haken und Ösen
Es versprach ein kalter, sonniger Herbsttag zu werden, aber noch hing Nebel über dem Kalksee. Im tropfnassen Buchenwald schwiegen beleidigt die Vögel. Als ich in dieser wattierten Stille anderen Leuten begegnete, quäkte mich aus meinem Unterfutter eine Stimme an: „Bei nächster Gelegenheit links halten.“ Ein paar Schritte weiter ertönte es erneut in der Art eines Bauchredners aus meiner Kleidung: „Jetzt links“.
Irritierte Blicke, Kopfschütteln, Weitergehen. Früh am Morgen hatte ich mich auf den Weg gemacht, um im Berliner Umland, in der „Rhiner Schweiz“ an fünf Seen entlang von Binenwalde nach Neuruppin zu laufen. Ich hatte mich dafür „komoot“ anvertraut, einem Navigationsprogramm, das auf der Basis der Smartphone-Plattformen Apple und Android Fußgängern, Bergkletterern, Rad- und Skifahrern auf ihre jeweilige Bewegungsart zugeschnittene Orientierungshilfe anbietet. Da ich meine Blicke nach Lust und Laune schweifen lassen und nicht andauernd mit einem kleinen Bildschirm vor der Nase durch die Gegend stolpern wollte, hatte ich die Sprachnavigation angeklickt.
Also erteilte mir nun eine Art Roadbook vor Abzweigungen gesprochene Anweisungen. Sobald ich aber den von mir zuvor ausgewählten Pfad deutlich verpasste, ertönte der Hinweis: „Sie haben die Tour verlassen. Bitte schauen Sie auf die Karte.“ Blieb ich auf meinen Abwegen, kam in größer werdenden Abständen die Mitteilung: „Ihre Tour liegt 100 Meter hinter Ihnen“, 500 Meter, 800 Meter…. So führte mich mein Handy in der mir völlig fremden Gegend in gut vier Stunden von Binenwalde zum Regionalbahnhof „Rheinsberger Tor“. Dabei hatte ich auf 19 Kilometern nur 30 Höhenmeter Steigung und 40 Höhenmeter Gefälle zu bewältigen, wie mir das Programm vorab mitgeteilt hatte. Ein Dutzend Mal habe ich zur Orientierung auf den Bildschirm gucken müssen.
Wer kommerziellen und staatlichen Datenkraken nicht den kleinen Finger reichen will, sollte solche Smartphone-Navigation links liegen lassen. Die Sprachlenkung mit „komoot“ setzt einen minimalen, aber ständigen Datenverkehr voraus. Es dürfte einige Menschen geben, die dennoch nicht darauf verzichten wollen, für vergleichsweise wenig Geld (knapp 30 Euro) bei Bedarf nicht nur flächendeckende Wanderkarten aus den meisten Ländern Europas in der Hostentasche zu haben, sondern auch eine Navigation inklusive zahlreicher Zusatzinfos mitgeliefert zu bekommen. In einer Region freier Wahl lässt sich das Programm ohne jede Kosten freischalten, um es auszuprobieren.
Die Berechnung der Route erfolgt ausschließlich online, gegebenenfalls in einem WLAN-Hotspot. Der vorgeschlagenen Route folgen aber kann man im Zweifelsfall auch ohne eine (im Ausland teure) mobile Datenverbindung in Anspruch zu nehmen. Dann allerdings - ohne Sprachnavigation - muss man annähernd so oft aufs Handy schauen wie man analog unterwegs eine Wanderkarte zu Rate ziehen würde. Die Nutzung der Navigationssoftware geht übrigens ordentlich auf den Akku. Eine Wanderung von sechs Stunden kann ein Apple-Handy schon in die Knie zwingen, zumal wenn man parallel noch telefoniert oder Musik hört. Wer dann kein Powerpack zum Wiederaufladen dabei hat, findet sich womöglich in der Wildnis ohne jede Orientierungshilfe wieder.
Schön war bei meinem Ausflug in die „Rhiner Schweiz“, dass die nach der Eingabe und von Start und Ziel vorgeschlagene und von mir mit vier Zwischenstationen angepasste Route nicht nur über breite Forstwege, sondern teilweise auch über kleine Trampelpfade führte. Selbst in mir vertrauterer Umgebung im Havelland und in Berlin entdeckte ich durch „Komoot“ Schleichwege, die ich bis dahin nicht kannte. Auf der Wanderung durch die „Rhiner Schweiz“ führte mich das Programm durch ein vor 20 Jahren aufgegebenes Militärgelände, das von der Natur zurückerobert wird.
Das Programm schwächelt gelegentlich, wenn es darum geht, die kürzeste Verbindung von zwei Punkten anzugeben. Für ein Navigationsgerät fürs Auto wäre das ein Ausschlussgrund. Doch beim Wandern geht es nicht immer darum, möglichst rasch eine Distanz zu überwinden. Oft möchte man in attraktiver Landschaft eine bestimmte Zeit an der frischen Luft verbringen. Diesem Anliegen kommt das Programm entgegen: Man kann eine bestimmte Dauer der Wanderung vorgeben und erhält nur Vorschläge, die dem Zeitrahmen annähernd entsprechen, wobei auch die Einschätzung der eigenen Fitness berücksichtigt wird. Zudem lässt sich ein Haken im Kästchen „Hin und Rückweg“ setzten, um Vorschläge für Rundwanderwege zu erhalten. Die Anpassung der Touren nach eigenem Gutdünken verläuft in der App am Handy recht widerspenstig. Am PC oder am Tablet gelingt das leichter. Die Übertragung aufs Handy ist dann ein Kinderspiel.
Ein Führer durch Wald und Wiesen will auch „ape@map“ sein. Bei dieser App kommt man ohne Zusatzkosten weiter. Ape@map ist in der Einfachversion gratis und es können OSM-Karten runtergeladen werden, für die ebenfalls keine Kosten anfallen. Gut gefallen hat mir die von Kompass entwickelte, digitalisierte Wanderkarte von Deutschland mit ihren kräftigen Farben. Sie wird von ape@map für 19,99 Euro verkauft. Das Kartenwerk ist mit erheblich geringeren Datenmengen verbunden. Die Deutschlandwanderkarte findet inklusive App und 70000 Tourenvorschlägen mit 580 MB auch bei kleineren Handys Platz im Datenspeicher. Bei „Komoot“ schlagen schon allein die drei Regionen Berlin, Potsdam Brandenburg und Havelland mit 830 MB zu Buche. Anders als ape@map ermöglicht komoot jedoch auch die straßengenaue Navigation. Ich werde jedoch je nach Bedarf Regionen nachladen und löschen müssen.
19,90 Euro kostet ape@map Pro. Diese aufgewertete App bietet eine nette Spielerei: bestimmte Kartenwerke können dreidimensional dargestellt werden. Das heißt auf dem Bildschirm wölbt sich anscheinend die Karte so wie die Landschaft in der Realität. So erhält man ein plastischeres Bild von Schluchten und Steigungen, sieht aber in bestimmten Einstellungen auch weniger. Man kann eben nicht hinter den Berg gucken.
Im Vergleich zu „komoot“ weist „ape@map“ zwei durchschlagende Handikaps auf. Das Programm kann keine Route berechnen. Die entsprechende Wanderung durch die „Rhiner Schweiz“ lässt sich nur per Hand annähernd durch Eingabe von knapp 40 Wegpunkten in die digitale Karte eintragen. Damit entfallen auch detaillierte Angaben zu Entfernungen, Bodenbeschaffenheit und Steigungen. Das zweite vielleicht noch wichtigere Manko: ape@map bietet keine Sprachnavigation.
oder: Wander-Apps fürs Smartphone mit Haken und Ösen
Es versprach ein kalter, sonniger Herbsttag zu werden, aber noch hing Nebel über dem Kalksee. Im tropfnassen Buchenwald schwiegen beleidigt die Vögel. Als ich in dieser wattierten Stille anderen Leuten begegnete, quäkte mich aus meinem Unterfutter eine Stimme an: „Bei nächster Gelegenheit links halten.“ Ein paar Schritte weiter ertönte es erneut in der Art eines Bauchredners aus meiner Kleidung: „Jetzt links“.
Irritierte Blicke, Kopfschütteln, Weitergehen. Früh am Morgen hatte ich mich auf den Weg gemacht, um im Berliner Umland, in der „Rhiner Schweiz“ an fünf Seen entlang von Binenwalde nach Neuruppin zu laufen. Ich hatte mich dafür „komoot“ anvertraut, einem Navigationsprogramm, das auf der Basis der Smartphone-Plattformen Apple und Android Fußgängern, Bergkletterern, Rad- und Skifahrern auf ihre jeweilige Bewegungsart zugeschnittene Orientierungshilfe anbietet. Da ich meine Blicke nach Lust und Laune schweifen lassen und nicht andauernd mit einem kleinen Bildschirm vor der Nase durch die Gegend stolpern wollte, hatte ich die Sprachnavigation angeklickt.
Also erteilte mir nun eine Art Roadbook vor Abzweigungen gesprochene Anweisungen. Sobald ich aber den von mir zuvor ausgewählten Pfad deutlich verpasste, ertönte der Hinweis: „Sie haben die Tour verlassen. Bitte schauen Sie auf die Karte.“ Blieb ich auf meinen Abwegen, kam in größer werdenden Abständen die Mitteilung: „Ihre Tour liegt 100 Meter hinter Ihnen“, 500 Meter, 800 Meter…. So führte mich mein Handy in der mir völlig fremden Gegend in gut vier Stunden von Binenwalde zum Regionalbahnhof „Rheinsberger Tor“. Dabei hatte ich auf 19 Kilometern nur 30 Höhenmeter Steigung und 40 Höhenmeter Gefälle zu bewältigen, wie mir das Programm vorab mitgeteilt hatte. Ein Dutzend Mal habe ich zur Orientierung auf den Bildschirm gucken müssen.
Wer kommerziellen und staatlichen Datenkraken nicht den kleinen Finger reichen will, sollte solche Smartphone-Navigation links liegen lassen. Die Sprachlenkung mit „komoot“ setzt einen minimalen, aber ständigen Datenverkehr voraus. Es dürfte einige Menschen geben, die dennoch nicht darauf verzichten wollen, für vergleichsweise wenig Geld (knapp 30 Euro) bei Bedarf nicht nur flächendeckende Wanderkarten aus den meisten Ländern Europas in der Hostentasche zu haben, sondern auch eine Navigation inklusive zahlreicher Zusatzinfos mitgeliefert zu bekommen. In einer Region freier Wahl lässt sich das Programm ohne jede Kosten freischalten, um es auszuprobieren.
Die Berechnung der Route erfolgt ausschließlich online, gegebenenfalls in einem WLAN-Hotspot. Der vorgeschlagenen Route folgen aber kann man im Zweifelsfall auch ohne eine (im Ausland teure) mobile Datenverbindung in Anspruch zu nehmen. Dann allerdings - ohne Sprachnavigation - muss man annähernd so oft aufs Handy schauen wie man analog unterwegs eine Wanderkarte zu Rate ziehen würde. Die Nutzung der Navigationssoftware geht übrigens ordentlich auf den Akku. Eine Wanderung von sechs Stunden kann ein Apple-Handy schon in die Knie zwingen, zumal wenn man parallel noch telefoniert oder Musik hört. Wer dann kein Powerpack zum Wiederaufladen dabei hat, findet sich womöglich in der Wildnis ohne jede Orientierungshilfe wieder.
Schön war bei meinem Ausflug in die „Rhiner Schweiz“, dass die nach der Eingabe und von Start und Ziel vorgeschlagene und von mir mit vier Zwischenstationen angepasste Route nicht nur über breite Forstwege, sondern teilweise auch über kleine Trampelpfade führte. Selbst in mir vertrauterer Umgebung im Havelland und in Berlin entdeckte ich durch „Komoot“ Schleichwege, die ich bis dahin nicht kannte. Auf der Wanderung durch die „Rhiner Schweiz“ führte mich das Programm durch ein vor 20 Jahren aufgegebenes Militärgelände, das von der Natur zurückerobert wird.
Das Programm schwächelt gelegentlich, wenn es darum geht, die kürzeste Verbindung von zwei Punkten anzugeben. Für ein Navigationsgerät fürs Auto wäre das ein Ausschlussgrund. Doch beim Wandern geht es nicht immer darum, möglichst rasch eine Distanz zu überwinden. Oft möchte man in attraktiver Landschaft eine bestimmte Zeit an der frischen Luft verbringen. Diesem Anliegen kommt das Programm entgegen: Man kann eine bestimmte Dauer der Wanderung vorgeben und erhält nur Vorschläge, die dem Zeitrahmen annähernd entsprechen, wobei auch die Einschätzung der eigenen Fitness berücksichtigt wird. Zudem lässt sich ein Haken im Kästchen „Hin und Rückweg“ setzten, um Vorschläge für Rundwanderwege zu erhalten. Die Anpassung der Touren nach eigenem Gutdünken verläuft in der App am Handy recht widerspenstig. Am PC oder am Tablet gelingt das leichter. Die Übertragung aufs Handy ist dann ein Kinderspiel.
Ein Führer durch Wald und Wiesen will auch „ape@map“ sein. Bei dieser App kommt man ohne Zusatzkosten weiter. Ape@map ist in der Einfachversion gratis und es können OSM-Karten runtergeladen werden, für die ebenfalls keine Kosten anfallen. Gut gefallen hat mir die von Kompass entwickelte, digitalisierte Wanderkarte von Deutschland mit ihren kräftigen Farben. Sie wird von ape@map für 19,99 Euro verkauft. Das Kartenwerk ist mit erheblich geringeren Datenmengen verbunden. Die Deutschlandwanderkarte findet inklusive App und 70000 Tourenvorschlägen mit 580 MB auch bei kleineren Handys Platz im Datenspeicher. Bei „Komoot“ schlagen schon allein die drei Regionen Berlin, Potsdam Brandenburg und Havelland mit 830 MB zu Buche. Anders als ape@map ermöglicht komoot jedoch auch die straßengenaue Navigation. Ich werde jedoch je nach Bedarf Regionen nachladen und löschen müssen.
19,90 Euro kostet ape@map Pro. Diese aufgewertete App bietet eine nette Spielerei: bestimmte Kartenwerke können dreidimensional dargestellt werden. Das heißt auf dem Bildschirm wölbt sich anscheinend die Karte so wie die Landschaft in der Realität. So erhält man ein plastischeres Bild von Schluchten und Steigungen, sieht aber in bestimmten Einstellungen auch weniger. Man kann eben nicht hinter den Berg gucken.
Im Vergleich zu „komoot“ weist „ape@map“ zwei durchschlagende Handikaps auf. Das Programm kann keine Route berechnen. Die entsprechende Wanderung durch die „Rhiner Schweiz“ lässt sich nur per Hand annähernd durch Eingabe von knapp 40 Wegpunkten in die digitale Karte eintragen. Damit entfallen auch detaillierte Angaben zu Entfernungen, Bodenbeschaffenheit und Steigungen. Das zweite vielleicht noch wichtigere Manko: ape@map bietet keine Sprachnavigation.
Wertung: Komoot, ape@map
OSMAND
OSMand hat einen ungeheuren Pool an POI's und kann viele verschiedene auf OSM basierende Vektorkarten darstellen. Nach dem Downloaden und der Installation findet eine OFFLINE-Navigation statt. Es fallen keine weiteren Kosten an. Weitere Features sind auf der deutschsprachigen Seite osmand.de aufgeführt. Zum kostenlosen Download stehen allerdings nur eine begrenzte Zahl von Kacheln (10 Regionen, seit 2016 weniger) zur Verfügung. Wer mehr möchte, kann gegen kleines Geld weitere Karten installieren. Wir fanden eine Seite, auf der man aber auch aktuelle Karten herunterladen, und später in das entsprechende Verzeichnis auf dem Telefon kopieren kann. Uns gefiel OSMAND besonders bei der Suche nach Zelt-, Schlaf- und Picknickplätzen. Diese lassen sich per Suchfilter einfach markieren. Das Routing erfolgt dann je nach Kartengüte und eingestelltem Profil zuverlässig zum Ziel. Osmand wurde eher für zu Fuß Wanderer konzipiert und bietet eine Fülle an Einstellungsoptionen allein schon für die Karte. Einen großen Nutzwert haben auch die Overlays und Underlays: hier können 2 Karten gleichzeitig sichtbar gemacht werden. Per Schieberegler wird für jeweils eine Karte die Transparenz zwischen 0 und 100% geregelt. Der Detailreichtum der OSM Wanderkarte allein ist schon umwerfend. Man findet nicht nur jede Menge POI's, auch Adressen. Die OSM Grundlage von OSMAND ist auch ein Grant für hohe Aktualität, nicht aber für 100%ige Abdeckung.
Wer die Kartenbeschränkungen der Free Version umgehen möchte, kann auch eine jeweils etwas ältere Version über den alternativen App-Store F-Droid installieren. In dieser Version ist OSMand nicht eingeschränkt.